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Architectural Photography - Made in China , Guest Exhibition of the International Photography Scene in Koeln Museum of Applied Arts
Group Exhibition MAKK, Cologne, Germany
Date: 09.01, 2012 - 11.25, 2012

Artists: BIRDHEAD 鸟头 |  CHEN Xiaoyun 陈晓云 |  JIANG Pengyi 蒋鹏奕 |  SONG Tao 宋涛 |  XIANG Liqing 向利庆 |  YANG Zhenzhong 杨振中 |  ZHOU Zixi 周子曦 | 

Architekturfotografie – Made in China
Gastausstellung der INTERNATIONALEN PHOTOSZENE KÖLN im MUSEUM FÜR ANGEWANDTE KUNST in Köln, MAKK
Dauer der Ausstellung 1.9. bis 25.11.

Teilnehmende Künstler:
Weng Feng, Xiang Liqing, Zhou Zixi, Birdheads, Luo Yongjin, ShaoYinong u. Mu Chen, Chen Xiaoyun, Feng Yan, Jian Pengyi,  Zhenchen Liu*, Song Tao*, Yang Zhenzhong*
Peter Bialobrzeski, Michael Wolf, Candida Höfer, NadavKander, Martin Claßen, Harald Fuchs**, Frank Schoepgens, Petra Stockhausen, Ben Plefka, Tania Reinicke
(*Video, **Installation)
Konzept und Kuratierung: Norbert Moos

Das Konzept der Ausstellung "Architekturfotografie – Made in beinhaltet eine dialogische Gegenüberstellung von zeitgenössischen Architekturfotografien deren Gemeinsamkeit darin besteht, dass sie alle in China entstanden sind, aber einerseits von westlichen, überwiegend deutschen,andererseits von chinesischen Fotografen im künstlerischen und nicht rein dokumentarischem Zusammenhang angefertigt wurden.

Architektur wird dabei verstanden als der planvolle Entwurfeiner von Menschen gebauten Umwelt. Soziale, historische, geographische und technische Bedingungen prägen sowohl Einzelgebäude als auch urbane Landschaften. Folgerichtig beschränkt sich die ausgewählte Fotografie nicht auf die Darstellung singulärer Bauwerke, sondern orientiert sich an den sozio-kulturellen und ästhetischen Folgen städtebaulicher und industrieller Baumaßnahmen.

Architektur ist ein zeitlicher Prozess der von der Architekturfotografie in kurze Einzelmomente der visuellen Wahrnehmung zerlegt wird.

China ist in der gegenwärtigen Phase ein Gigant architektonischer Neuschöpfungen. Das Land hat sich in einem beispiellos hastigen Tempo die Aufgabe gestellt, in den nächsten 15 Jahren urbanen Wohnraum für 350 Millionen Menschen zu schaffen. Gewaltige Umsiedlungen werden innerhalb weniger Jahre stattfinden. Da viele Städte an infrastrukturelle Grenzen stoßen, entstehen in wenigen Jahren neue Megastädte mit mehreren Millionen Einwohnern.

Fotografen/innen erleben diesen atemlosen Prozess sehr unterschiedlich. Die Mehrzahl westlicher Fotografeninterpretieren die urbanen Strukturen in der Nachfolge klassischer historischer Reisefotografie. Einerseits staunende Betrachtungen des utopischen urbanen Raumes, andererseits bewusster Rückzug auf Metaphern von historisch und nostalgisch interpretierenden Bildausschnitten.

Die chinesischen Fotografen, von denen sehr viele in Europa und den USA studiert und die internationale Bildsprache längst für sich akquiriert haben, fokussieren sich dank Ihrer originärer Kulturkenntnisse oft sehr konzentriert auf die Darstellung der Auswirkung des urbanen Umbaus auf Individuum und soziale Mikrostrukturen.

Es entsteht nicht nur eine sehr unterschiedliche Wahrnehmung der architektonischen Umgebung sondern auch der Darstellung von Menschen. Viele westliche Fotografen neigen dazu Chinas Bewohner als Teil einer anonym erscheinenden Massengesellschaft zu interpretieren, während die chinesischen Künstler gerade die individuellen Wechselwirkungen zwischen Menschen und ihrer architektonischen Umgebung sehr eindringlich visualisieren.

Die Ausstellung stellt diese unterschiedlichen künstlerischen Arbeitsweisen in den einzelnen Nuancen der aktuellen zeitgenössischen Fotografie dar.

Aber gerade einer der schwerpunktmäßig gezeigten Fotokünstler der Ausstellung zeigt umgekehrt, wie eindrucksvoll es sich an der Überwindung dieser kulturellenGrenzziehung arbeiten lässt. Der in Kalifornien aufgewachsene deutsche Fotograf Michael Wolf, der selbst 10 Jahre in China lebte, zeigt in seiner seriellen Arbeit "Hongkong Inside Outside“, abstrakte Hochhausstrukturen mit undurchdringlicher Fassadenoberfläche; ergänzt aber dieseformalenAspekt äußerer Strukturen durch den Einblick in die kleinzelligen Innenräume dieser Hochhäuser mit dem jeweiligen Porträt ihrer Bewohner. In den 100 gezeigten Arbeiten von Innenansichten dieser sehr beengten Raumsituation wird der soziale Überlebenskampf unmittelbar erfahrbar, während die eindrucksvolle Wabenstruktur der Hochhausfronten zu mindestens an einen spekulativen Reichtum denken läßt.

Der diesjährige Dr. Ernst Salomon Preis der DGPh(Deutsche Gesellschaft für Photographie) wird an Peter Bialobrzeski verliehen. Von ihm sind Bilder aus zwei seriellen Arbeiten vertreten: Nail Houses und Neontigers. Als Nail Houses werden in China jene Häuser bezeichnet, deren Bewohner sich gegen den Abriss wehren und in urbanen Neubaugebieten oft vorübergehend wie Nägel zwischen den neu entstandenen Wolkenkratzernverharren. Neontigers spielt mit dem Begriff der asiatischen Tigerstaaten, aber auch mit der besonderen Nachtbeleuchtung der chinesischen Metropolen. Peter Bialobrzeski arbeitet mit analoger Großformatkamera und seine nächtlichen Langzeitbelichtungen werden vom milchigen und feuchten Smoghimmel der elektrisch beleuchteten Städte wie von einer riesigen Softbox ausgeleuchtet. Es geht ihm in der Serie Neontigers nicht um eine dokumentarische Absicht , sondern er strebt das Verschwinden jeglicher Fakten in seinen Bildern an, so dass die Illusion einer neuen Stadt entsteht, die sich nur aus der Realität des Neonlichts generiert. Die Lichtskulptur der chinesischen Megastädte wird benutzt um Träume und Illusionen von künstlichen Städten zu provozieren. Peter Bialobrzeskis Faszination für Asien geht bis 1986/87 zurück, als er den Kontinent erstmals intensiv bereiste. Nachdem er eine Zeitlang für renommierte Zeitschriften wie Stern, Spiegel, Telegraph Magazine, TEIT Magazin und GEO gearbeitet hatte, hat er dem Fernen Osten mehrere international beachtete Projekte gewidmet, die jeweils in Buchform publiziert wurden.

Die in Köln lebende Fotografin Candida Höfer ist mit Bildern aus den Jahren 1996 und 1998 vertreten. Im Unterschied zu ihren Lehrern Bernd und Hilla Becher, auch anders als Gursky und Struth, benutzte Candida Höfer damals zunächst noch eine Kleinbildkamera. Höfer vermittelt mit Hilfe der Photographie eine konsequente Sicht auf die bildgemäße Gestalt der Architektur. Auch durch die Wahl des Bildausschnitts wird sichtbar gemacht, dass es nicht um das Wiedererkennen bestehender Räume geht, sondern um die Erzeugung eines Ausdrucks von Zeitlosigkeit und Unverrückbarkeit. Auch bei den gezeigten Bildern aus China ist der fotografische Prozess jeweils darauf ausgerichtet, ein über die museal anmutende Funktion der Räume hinausgehendes, die Architektur transformierendes Abbildungssystem zu schaffen.

NadavKander wurde 1961 in Israel geboren, ist im südafrikanischen Johannesburg aufgewachsen undlebt heute in London. Die fotografische Bandbreite Kanders umfasst künstlerische, redaktionelle und werbliche Arbeiten, die in Büchern undzahlreichen Magazinen wie Sunday Times Magazine erschienen sind. 2009 widmete das New York Times Magazine eine ganze Ausgabe Kauders "Obama’s People“, einer Porträtserie des gesamten Ministerstabs und der engsten Mitarbeiter Obamas. Kander erhielt zahlreiche Auszeichnungen und wurde 2009 im Rahmen der Annual Lucie Awards zum International Photographerofthe Year ernannt.Im selben Jahr gewann er für die Serie "Yangtze, The Long River"den Prix Pictet. Dieser renommierte Fotopreis widmet sich dem Thema "Nachhaltigkeit" und zeichnet Arbeiten von Fotografen aus, die besonders eindringlich Umweltzerstörung und Raubbau an Ressourcen dokumentieren.

In der Ausstellung werden 3 Arbeiten aus der Serie "Yangtze, The Long River"gezeigt.

NadavKander bereiste zwischen 2005 und 2007 den Jangtsekiang mehrmals stromaufwärts, von der Mündung im Ostchinesischen Meer bis zur Quelle im Qinghai-Plateau von Tibet. Nie mehr als 20 Meilen entfernt vom Fluss entstand die Fotoserie "Yangtze - The Long River“, die die tief einschneidenden Veränderungen der Uferlandschaften infolge einer ungezügelten Modernisierung Chinas dokumentiert. Großprojekte wie der Drei-Schluchten-Staudamm und das Süd-Nord-Wassertransfersystem, gigantische Brücken und hochgezogene Wohnblöcke schlagen Wunden in die Landschaft und rauben viel von ihrer Schönheit und historischen Idylle. Kanders Fotoserie besticht durch ihre Vielseitigkeit, die die eindeutige Zuordnung zu einem fotografischen Genre verweigert: Landschaftsfotografie vermischt sich eng mit Architekturfotografie. Ganze Städte, riesige Brückenkonstruktionen tauchen aus dunstig-nebligen Landschaften auf und scheinen auch bald darin wieder versinken zu wollen. in der Einleitung zu der Monografie "Yangtze - The Long River“sprach Kofi a. Annan von diesen "paradoxerweise schönen Fotografien“.

Die im fotografischen Diskurs sehr aktuellen Arbeiten einer Gruppe junger deutscher Fotografen, die - mit inszenierter Fotografie (Ben Plefka), Lichtverfremdungen auf Grund der digitalen Abläufe bei Nachtaufnahmen (Tania Reinicke), Detailselektierungen (Petra Stockhausen) oder der Positionierung von Menschen in ungastlicher urbaner Umgebung (Frank Schoepgens) -insbesondere die Schnittstelle zwischen den abrissbedrohten Hutongs ("enge Gassen Viertel“) und den modernen Siedlungsbauten bearbeiten, werden er durch die vielfach preisgekrönten Videoarbeiten von Zhenchen Liu, welche ebenfalls in der Zone zwischen Dekonstruktion durch Abriss und der Entstehung neuer Hochhausviertel angesiedelt sind.

Martin Claßenwar 2009 Villa Massimo Stipendiat. Schwerpunkt seiner Arbeiten ist die Architekturphotographie. In seinen Arbeiten über die Zerstörung von italienischen Dörfern durch Erdbeben und Gebäudeerosion zeigt er an den Auswirkungen auf die Gebäude eine Architektur das zeitlichen Verfalls und des kulturellen Verlustes auf. Seine Bilder aus Peking benutzen in ähnlicher Weise die gezeigten Architekturstrukturen zur Visualisierung von zeitlichen Verläufen. Ein Mao Porträt wird auf zerfallendem Wandputz allmählich unsichtbar. Eine Szene zwischen den Mauern der verbotenen Stadt stellt die Frage nach historischen Zeitabschnitten und macht erkennbar die weitgespannten Perioden zeitlicher Abläufe deutlich.

Das bekannteste Projekt von des Ehe-/Künstlerpaars ShaoYinong (geboren 1961) und Mu Chen (geboren 1970) ist die Serie "Assembly Halls"und visualisiert ebenfalls eine Bildkultur der Erinnerung.. Die zwischen 2002 und 2006 entstandene serielle Fotoarbeit zeigt ehemalige Versammlungsräume aus der Zeit der Kulturrevolution in ihrem gegenwärtigen Zustand. Die leerstehenden Räume werden durch diese Arbeiten zu Zeitzeugen des rasanten gesellschaftlichen Wandels Chinas.

Bis 1976 waren die Räume, die den Bildgegenstand der Serie Assembly Halls ausmachen, zentrale Orte der Versammlungen der Kulturrevolution. Hier wurden Propagandaveranstaltungen abgehalten und zum Teil willkürlich über das Leben von Menschen entschieden. Öffentliche Demütigungen und Denunziationen gehörten zur Tagesordnung.

Alle Räume wurden streng frontal dokumentiert. In ihrer unsentimentalen Neutralität zeigen die Aufnahmen die jetzt vorgefundene Raumsituation, die teilweise noch vom Vergangenen zeugt. Andere Versammlungssäle sind so radikal neuen Funktionen zugeführt worden oder so stark verfallen, dass nur noch wenige Spuren der hier stattgefundenen Ereignisse sichtbar sind.



Die Serie der Assembly Halls lässt Rückschlüsse auf die radikalen gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen der letzten 40-50 Jahre in China zu und macht Geschichte als Spur im architektonischen Körper erfahrbar.



Luo Yongjin zeigt in seinen Serien "GovermentBuildings"und "Fort Houses" Regierungsgebäude und Wohnhäuser als Herrschaftsarchitektur. Er hat das riesige Land bereist und in den einzelnen Provinzhauptstätten die düsteren Regierungspaläste frontal abgebildet, so, wie sie der Besucher und Bittsteller sieht, bevor er sie betritt. Angesichts dieser Architektur der Macht wird eindrucksvoll das Verhältnis von Staatsmacht und Einzelperson mit den Mitteln der seriellen Fotografie analysiert.





Einen eigenen Raum in der Ausstellung erhält der Künstler Feng Yan (1963). Auf dem agilen chinesischen Kunstmarkt ist ermit seinen großformatigen Fotografien bei Preisen von 50.000 US $ angekommen. Er steht für eine neue Generation von chinesischen Künstlern, die in Europa oder den USA einige Jahre verbringen und dann, teilweise wegen der besseren Arbeitsbedingungen nach China zurückkehren. Feng Yan lebte von 1998 bis 2001 in New York. Er erhielt eine cross-media Ausbildung zunächst auf der BA Beijing Film Academy bevor er sich ab 2005 ganz auf Fotografie konzentrierte.

Durch die Auswahl von anscheinend simplen Gegenständen und architektonischen Räumen mit minimalistischem Informationsvolumen zwingt er den Betrachter die ungewollte (?) ästhetische Konstruktion seiner Sujets zu reflektieren. "Durch minimalistisches Beschneiden und die vorsichtige Wahl des Tons, der Form des Themas gelingt es ihm, diese Momente zu persönlicher Aussagekraft, historischer Anspielung und politischer Bedeutung zu machen."(Michael J. Hatch, 2006).



Eine grundsätzlich neue Generation von chinesischen Fotografen wird durch das Künstlerduo Birdheads repräsentiert. Auch in China war die Fotografie in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts zu einem Massenphänomen geworden. JiWeiyu(1980) sagt von sich selbst, dass er schon mit der Kamera seines Onkels fotografiert hat, als er zehn Jahre alt war. 2004 gründete er mitSong Tao (1979) das Künstlerkollektiv Birdheads. Viele Ihrer Arbeiten beschäftigen sich tagebuch-ähnlich mit sich selbst und Ihrer unmittelbaren architektonischem Umgebung. Alle ihre Fotografien verstecken sich hinter der Form des zufälligen Schnappschusses um die Alltäglichkeit und Zufälligkeit ihrer Wahrnehmung ohne ästhetische Verfremdung zu betonen.Birdheads Bilderfluss ist in der chinesischen Gegenwartskunst ein erfrischendes Antidot zu der endlosen Darstellung von Mao Zedongs und kulturellen Klischees, die seit den neunziger Jahren den Kunstmarkt überschwemmt haben. Birdhead verweigert sich jeder Celebrierung des schnellsten Wirtschaftwachstums der Welt. Sie bekennen sich zu einer Fotografie der Promenade in ihrer urbanen und sozialen Umgebung. Ästhetik ist nicht eine Korrekturinstanz des Lebens, sondern eine komlexe, selbstständige Struktur."Every day we need something to do," sagtJiWeiyu, "so we take pictures." Parallelen zur Fotografie von Wolfgang Tillmann und Nan Goldin sind unübersehbar. International ist das Kollektiv zum ersten Mal auf der Biennale in Venedig 2011 im Arsenale aufgetreten. Für die Kölner Ausstellung haben Sie eine neue Werkgruppe erarbeitet



Norbert Moos, 31.6.2012



Danksagung an: Lorenz Helbling, Shanghai für seine Kreativität und unerschöpfliche Kenntnis der chinesischen Kunstszene. Herbert Locher, Shanghai für seine Freude daran mich mit vielen Künstlern zusammen zu bringen. Zhimin Shi, Peking für seine unendliche Geduld beim Besuch von Künstlern.

Die an der Ausstellung teilnehmenden Fotografen für sehr viele schöne Begegnungen und die leihweise Überlassung Ihrer Arbeiten.

An die Mitarbeiter des Kulturamts der Stadt Köln. An die Stadt Köln für die wichtige finanzielle Unterstützung.

An die Vorstandsmitglieder der IPK, Dr. Winfried Gellner und Hans G. Keitel

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